"Die Pandemie hat zum Nachdenken angeregt"

“Lifetime Achievement CSR Award”: Der frühere UN-Manager Georg Kell über den Einfluss von Covid-19 auf die Nachhaltigkeitsbewegung und modernes Responsible Leadership

Verantwortung- Das Magazin für Nachhaltigkeit, CSR und innovatives Wachstums, Ausgabe 04 2020

Die Fragen wurden von Oliver Kauer-Berk gestellt

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V Herr Kell, lassen Sie uns mit einer grundsätzlichen Frage einsteigen: Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit aus Unternehmenssicht?

Vereinfacht gesagt, bedeutet Nachhaltigkeit aus Sicht eines Unternehmens, langfristig erfolgreich zu sein, basierend auf der Maxime, negative soziale, umweltbezogene und wirtschaftliche Auswirkungen zu minimieren und positive zu maximieren. Das mag banal klingen, aber um dies zu erreichen, muss ein Unternehmen die Fähigkeit haben, Veränderungen in den politischen, technologischen, wirtschaftlichen, umweltspezifischen sowie sozialen Rahmenbedingungen rechtzeitig zu erkennen und proaktiv Strategien zu entwickeln und auch umzusetzen. Da sich der Wandel in unserer Zeit in vielen Bereichen beschleunigt, ist das eine große Herausforderung. Beim Klimawandel bedeutet das zum Beispiel, Dekarbonisierung zu forcieren und Umwelt- und Klimapolitik zu unterstützen, anstatt sie zu blockieren. Am Beispiel Technologie und Sozialverhalten bedeutet das, Innovationsfähigkeiten zu stärken und sich sozialverträglich zu positionieren. Praktisch gesehen muss also Nachhaltigkeit in allen Entscheidungs- und Ablaufprozessen fest verankert werden.

V In einem Beitrag für das englischsprachige Wirtschaftsmagazin Forbes schrieben Sie im April 2020: „The sustainability movement will gain further relevance in the post-Covid-19 era“. Was macht Sie zuversichtlich?

Keine Frage, Covid-19 gibt der Nachhaltigkeit einen großen Schub. In der Finanzwelt beginnt man jetzt endlich, Klimarisiken und Klimawissenschaft ernst zu nehmen, selbst wenn die Preissignale diese Risiken gegenwärtig noch nicht reflektieren. Warum? Weil die Pandemie gezeigt hat, dass es eventuell eine Frage des Überlebens sein kann, dass man vorbereitet ist. Die Pandemie hat das Dilemma der „Tragödie des Zeithorizonts“ in der Finanzwelt zumindest teilweise aufgehoben. Die Perspektiven für langfristige Risiken haben sich verändert. Der Beweis ist übrigens schon da: ESG-Investitionsstrategien steigen stark an, gerade während der Pandemie. Auch bei Unternehmen hat die Pandemie als Beschleuniger für Automatisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung gewirkt. Zum Beispiel hat die weltweit führende Initiative Science Based Targets (gibt Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen vor, Anm. d. Red.) seit Ausbruch der Pandemie den größten Zuwachs an neuen Mitgliedern in ihrer fünfjährigen Geschichte erlebt. Das ist kein Zufall. Unternehmen verstehen, wo der Zug hinfährt. Die Pandemie hat den Blick für die Zukunft und die Bereitschaft gestärkt, die gegenwärtige Krise zu nutzen, um besser für künftige Krisen gewappnet zu sein. Eine Krise bietet ja auch immer die Möglichkeit, Strukturveränderungen umzusetzen, was unter normalen Bedingungen viel schwieriger wäre. Was mich ebenfalls optimistisch stimmt: In Europa wird mit dem „Next Generation“-Aufbauplan die zentrale Bedeutung der Zusammenarbeit wiederentdeckt und Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Dekarbonisierung werden massiv vorangetrieben. Das bietet neue Möglichkeiten für Innovation und öffentlich-private Zusammenarbeit. Auch in den USA ist eine Veränderung möglich. Sollte Joe Biden die Wahl im November gewinnen und seinen Zwei-Milliarden-Dollar-Klimapakt umsetzen, dann wird dies auch weltweit einen großen Impuls für Dekarbonisierung bedeuten.

V Besteht in der Covid-19-Pandemie nicht die Gefahr einer monozentrierten Aufmerksamkeit, so dass manche Aspekte nachhaltigen Denkens vernachlässigt werden?

Diese Gefahr besteht immer bei kurzfristig denkenden Entscheidungsträgern. Das ist oft der Fall in der Politik, wenngleich weniger in Deutschland und vor allem weniger in der Wirtschaft, wo langfristiges Denken zum Glück immer noch von großer Bedeutung ist. Insgesamt hat die Pandemie Menschen zum Nachdenken angeregt. Man versteht jetzt besser, wie verletzlich wir sind und wie wichtig eine gesunde Umwelt ist. Ich hoffe auch, dass gesellschaftliche Grundwerte wieder gestärkt werden. Die Querverbindungen sind offensichtlich. Wir haben jetzt die Chance, etwas vernünftiger und zukunftsorientierter zu handeln. Mir ist natürlich bewusst, dass der Mensch sich nur ungern verändert, es sei denn, er wird dazu gezwungen, und leider ist es auch so, dass wir wenig aus der Geschichte lernen. Es gibt aber viele Anzeichen, dass die Stimme der Vernunft und langfristiges Denken durch die Pandemie gestärkt werden, was uns wiederum die Chance bietet, zu lernen. Die Frage, wie lernfähig wir sind, ist in der Tat ausschlaggebend. Diese Themen werden im Detail in dem in diesen Tagen erscheinenden Buch „Sustainable Investing – A Path to a new Horizon“ analysiert, das ich als einer der Herausgeber mitgestaltet habe.

V Welche neuen Anforderungen werden in puncto Nachhaltigkeit in den nächsten Jahren auf international agierende Unternehmen zukommen?

Die politischen Rahmenbedingungen haben sich schon verändert, und wie man mit den wachsenden Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China umgeht, wird wohl ein zentrales Thema werden. Menschenrechtsfragen werden politisiert werden. Gerade für europäische Unternehmen wird das eine große Herausforderung werden. Eine Stärkung Europas als unabhängige Kraft wird hoffentlich ein Teil der Antwort sein. Klimafragen werden weiter an Gewicht gewinnen, das wissen wir mit wissenschaftlicher Sicherheit. Die Fähigkeit, Emissionen zu reduzieren, wird in Zukunft nicht nur eine Voraussetzung für die „license to operate“ sein. Sie wird auch ein Faktor der Wettbewerbsfähigkeit werden. Aber auch soziale Fragen der Digitalisierung, einschließlich der Arbeitsgestaltung und Weiterbildung, sowie gesellschaftliche Fragen, wie die Zukunft der Arbeit, werden neue Herausforderungen darstellen. Auch wird Nachhaltigkeit weiter in die Finanzanalyse integriert werden, größtenteils dank des Fortschritts der Technologie. Für Unternehmen wird es wichtig werden, eigene Daten zu erheben und mit innovativen Plattformen zu verarbeiten. Da die Finanzwelt jetzt die materielle Relevanz der Nachhaltigkeit erkennt, wird es für Unternehmen immer wichtiger werden, Daten selbst zu verwalten, anstatt dies Dritten zu überlassen.

V Was fordert ein „Responsible Leadership“ künftig von Unternehmen und Führungskräften?

Unternehmen und Führungskräfte müssen „ungeduldig“ sein. Sie müssen bereit sein, etablierte Strukturen von innen heraus zu erneuern – mit einem tiefen Verständnis für die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie einer klaren Perspektive für die Zukunft, basierend auf dem besten Verständnis für die sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen. Den Wandel von innen heraus mit einem klaren Blick nach außen und nach vorne voranzutreiben, ist keine einfache Aufgabe. Das erfordert, mit völliger Hingabe als unermüdlicher Treiber zu agieren. Dr. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und Mark Schneider, CEO von Nestlé, fallen zum Beispiel in diese Kategorie. Zwei weitere Eigenschaften sind wichtig. Erstens: Eine Grundvoraussetzung für Erfolg ist, das ganze Potential der Mitarbeiter mobilisieren zu können. Dafür braucht es starke Teamfähigkeit und motivierte Mitarbeiter. Ein CEO ist ja nur der Dirigent, die Musik macht das Orchester. Um das zu erreichen, braucht es ein gutes Maß an Verständnis für menschliche Werte und die Fähigkeit, zu gemeinschaftlichem, zielorientiertem Handeln zu motivieren und zu inspirieren. Diese „moralischen“ Führungsqualitäten werden immer wichtiger für zukunftsorientierte Wertschöpfung. Zweitens: Ein CEO muss Technologietrends und deren Einfluss auf Märkte verstehen und bereit sein, die Digitalisierung als Kernthema des Wandels zu erkennen. Wir erleben im Moment eine große Transformation, weg vom Industriezeitalter und der Prämisse von „Scale und Scope“ hin zu einer automatisierten und digitalisierten Zukunft, in der Plattformdenken und datengesteuerte Wirtschaftsmodelle immer wichtiger werden.

V Sie sind auf der Responsible Leadership Conference für Ihr langjähriges Vordenken in Sachen CSR mit dem „Lifetime Achievement CSR Award“ ausgezeichnet worden. Was bedeuten Ihnen solche Würdigungen?

Ich versuche, Eitelkeit mit Bescheidenheit zu überwinden. Ich komme aus sehr bescheidenen Verhältnissen und habe in meinen Wanderjahren viel Elend auf der Welt gesehen. Ich hatte mehrere schwere Malariaerkrankungen und habe einen Bürgerkrieg erlebt sowie als Kind den Schmerz des Verlustes der Eltern. Zu Hause in New York habe ich eine ganze Rumpelkammer voll mit internationalen Auszeichnungen. Da schaue ich nie rein und habe mir auch fest vorgenommen, das nie zu tun, solange ich lebe – das ist alles Schall und Rauch. Die nun von der F.A.Z. zusammen mit der Humboldt-Universität zu Berlin verliehene Auszeichnung bedeutet mir jedoch viel. Da ich seit 1982 im Ausland lebe, symbolisiert sie eine Art von Heimkehr.



A Conversation on the Challenges of Growing ESG Investing Worldwide, part 2 of 2 articles

Triple Pundit, Words by Amy Brown

Image credit: Bryan G/Unsplash

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Yesterday, we started a conversation with Georg Kell, considered one of the fathers of environmental, social and governance (ESG) investing. His new book, Sustainable Investing: A Path to a New Horizontakes a close look at the historic convergence between corporate sustainability and ESG-lens investing as a force for good that, together,  help drive systemic market changes.

Since his retirement from the United Nations, Kell has been advising executives from diverse industries on questions of business transformation and sustainability. And for four years, he has been chairing the Volkswagen Sustainability Council and working to lead the company out of its crisis following the "dieselgate” scandal in 2015.

TriplePundit: What are the main challenges in building a more sustainable financial system and to bring climate risk and resilience into ESG-lens investing and, really, the heart of financial decision making? You note in your book that we’re talking about a massive reallocation of capital, creating unprecedented risks and opportunities, in what you describe as a VUCA (increasingly volatile, uncertain, complex and ambiguous business context). Can you expand on that? 

Georg Kell: There are short-term challenges for investors and sustainable investing at large. It's still difficult to get the right tool off the shelf at the right moment. The data world is still not up to speed. There's a lot of inconsistency and incoherence. However, at the same time, there is a lot of innovation happening and I'm quite confident that much better data analytics and capabilities are being brought to the marketplace. This will enable financial institutions to embrace this agenda much faster.

Another challenge is that there's still uncertainty about the bigger framework conditions on the regulatory side.  The new taxonomy being released in Europe, however, will be a major regulatory push for this movement, which the market is watching closely.

Another problem is: How do you change financial institutions from within when the leadership is reluctant to embrace change or give up established practices? Again, COVID-19, I am convinced, will accelerate that change at the institutional level.

I also think business education needs an overhaul. Business students today are still looking at finance as a black box isolated by and large from societal changes. There's a major transformation happening in societies where ESG issues are gaining relevance, and it affects all industry sectors. Getting a handle on that will be increasingly necessary to be successful in the field of business.

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3p: What are the main drivers that will determine if we can rise to the challenge of sustainability? 

GK: In my mind, there are three forces, and they’re universal. They play out across all countries and regions and they're irreversible, at least in the short or medium term. The first is technology. Clearly the pace of innovations has been accelerating. Technology allows transparency. It allows measurement and quantification of externalities. We couldn’t handle that just a few years ago. What's happening right now is nothing short of a revolution, especially in the world of finance where big data, self-learning and AI are now kicking in to make sense out of ESG factors and offering much deeper insights into risks and opportunities. This is helping financial analysts who may not necessarily have the knowledge about ESG issues, but want to apply some off-the-shelf tools.

Secondly, we have the concept of the nine planetary boundaries that provide a safe operating space for humanity, as developed by climate scientist Johan Rockström, a contributor to the book. The boundaries include climate change, biodiversity loss and extinction, land-system change, freshwater use, and ocean acidification, among others. Crossing these boundaries increases the risk of generating large-scale abrupt or irreversible environmental changes. We are just now realizing that the pace of disruption to the these planetary boundaries is happening much faster than even scientists have predicted, as we see with the wildfires in California now and the ones in Australia earlier this year.

The third force, and this also makes me feel positive, is young people. I have lived in the U.S. for over 30 years, and I am delighted that young people are taking to the streets around social issues. It shows they care about their future and they want to contribute to the public good. This intergenerational change is powerful.

3p: How should company leaders demonstrate to investors that they are serious about ESG in a new financial system with climate resilience at the center? 

GK: Businesses have long understood that efficiency is important to reduce costs and reduce potential liabilities. But it is only recently that corporations have started to understand that their emissions and footprint are more than just the cost factor in the equation. Many of them did just enough to comply with regulation — a game of compliance optimization. That has changed radically because carbon and emissions are now seen as one of the central pillars for a future license to operate. It goes beyond a fundamental cost aspect into a strategic component. That is also because carbon pricing is bound to increase; negative carbon is bound to become the currency of the future. Corporate executives are starting to understand that regulators over time will be quite tough on these issues, and there's no escaping anymore that consumers and customers increasingly want to know their footprint.

And increasingly investors are aware of the risks of companies being too exposed on the emissions side and then all of a sudden falling into the trap of stranded assets or negative backlash. Investors want to hear from executives: What is your plan to reduce carbon and other emissions? How do you think you can achieve this? What kind of technologies were you betting on? How is your value chain organized and can you carry them with you? What are the bottlenecks? They want to have a compelling narrative. And of course, we want to know if companies can tell us their current footprint. Amazingly, many corporates still don't have a good accounting for their emissions. In today’s world of risk management, that is inexcusable.

Corporations have to move from compliance optimization to advocate a policy framework for carbon pricing. In other words, they need to see their role as no longer blocking climate action policies but actually supporting them, because if your new business model is to be successful, we need a change in policy frameworks. In the end, there’s just no way around committed leadership. Increasingly, disruptions are ahead of us. It’s becoming the new normal. You need to have clear understanding of the issues. And then you build your processes, your operations, and you retool them. And if you have the ambition, you design the leap for the future.

ESG Pioneer Georg Kell on the Power of a Crisis to Shake Up Markets (part 1 of 2 articles)

Words by Amy Brown for TriplePundit

Image credit: PXHere

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At a time of incredible economic upheaval and business and political uncertainty, the durability of sustainable investing has been one of the brighter lights on the horizon. More money than ever is pouring into sustainable or environmental, social and governance (ESG) investments. These have grown by a stunning 34 percent over the past two years to $30.7 trillion—a trend that seems pandemic-proof, as TriplePundit has reported

While this might seem like a relatively recent development, it’s been a long time coming. Few people know that as well as Georg Kell, considered one of the fathers of ESG investing. His new book, Sustainable Investing: A Path to a New Horizon, looks at the historic convergence between corporate sustainability and sustainable investing as a major force driving systemic market changes. As founding Executive Director of the UN Global Compact, Kell led a group of CEOs of over 50 major financial institutions in a UNGC initiative to integrate ESG into capital markets. This led to the groundbreaking UN report, “Who Cares Wins,” the springboard for the UN-supported Principles for Responsible Investment. Today Kell is Chairman of  Arabesque, an ESG Quant asset manager, which has built a tool around the core principles of the UN Global Compact to financially identify ESG issues, using artificial intelligence.

Book Cover of “Sustainable Investing”, co-edited by Georg Kell, Herman Bril and Andreas Rasche

Book Cover of “Sustainable Investing”, co-edited by Georg Kell, Herman Bril and Andreas Rasche

Kell co-authored the book with Herman Bril, Director of the UN Joint Staff Pensions Fund and Andreas Rasche, Professor of Business in Society at the Copenhagen Business School Centre for Corporate Social Responsibility. Among the heavyweight contributors are Paul Polman, former CEO of Unilever, a corporate sustainability luminary, and John Ruggie, Professor in Human Rights and International Affairs at Harvard’s Kennedy School of Government who developed the UN Guiding Principles on Business and Human Rights. The Foreword is by Mark Carney, former Governor of The Bank of England, who famously coined in 2015, the term “tragedy of the horizon” to describe the catastrophic impact of climate change. The opportunity to avoid that tragedy inspired the book’s title.

I had a chance to speak with Kell about what he sees as the remarkable trajectory of ESG, both as a compelling business case and as one of the most significant trends in investing over the past decade. In these extraordinary time for companies, investors, and markets alike, we discussed why this is an ideal moment to accelerate those market forces, kick the status quo to the curb and define a new way forward.

TriplePundit: Why did you want to write this book and how is it timely for the moment we are living in now?

Georg Kell: Finance has been lagging behind the real economy on the sustainability evolution by at least ten years. That began to change with the first meta-studies that came out in 2014, including the work that Arabesque did with Oxford University, demonstrating that sustainability practices have an overwhelmingly positive influence on investment performance. The correlation between corporate performance and sustainability was very strong and powerful Since then, we have seen the remarkable rise in ESG because the materiality notion was understood—that we're not only talking about doing the right thing and morally making the right choices, but it has real financial implications.

All of a sudden finance has started to catch up rapidly. Now some investors are out there pushing for change much faster than some corporations are capable of delivering it.  A historic new convergence between corporate sustainability and sustainable investing is becoming a major force driving systemic market changes.

And now COVID-19 has shaken up established thinking and made us aware of vulnerabilities. And at the same time, it is made it easier for executives to push for change that they wanted to do anyway. On the investor side, COVID-19 has put the spotlight on risks that are not yet part of the price signals that we know are out there and will hit us.

3p: Is the growing climate crisis a big reason for the surge in sustainable and ESG investing and do you see this movement as mainstream?

GK: The climate crisis has been in the making for years and we know that with scientific certainty. Yet many investors love to ignore it because it's a long-term and slow moving. COVID-19 is almost like a wake-up call: This is for real, we had better prepare. Now we had better do something; otherwise it could threaten our very existence. Some are hearing this wake-up call.  The evidence is there. For example, the Science Based Targets Initiative (SBTi) has seen a record flow in new participants since COVID-19. Many more companies are now aligning their decarbonization goals with the science-based targets.

The pandemic is changing risk perceptions in a fundamental way, enabling executives to drive change faster. There is no doubt that COVID-19 is acting as an accelerator for sustainability issues and in particular decarbonization. It has sharpened the awareness that the next big breakthrough in the corporate sphere is to establish firmly the business case for decarbonization. We’re on the cusp of a transition to a net zero economy that could lead to a more sustainable financial system. For that to happen, sustainable investing must go mainstream. Some people think it’s already there, but of course it needs to be accelerated even faster.

Tomorrow, we’ll continue this conversation on ESG investing as we’ll discuss the challenges of building a more sustainable financial system worldwide.

Why We Should Be Inspired - Interview with Georg Kell

The Socially Inspired Investor Podcast, Hosted by Pat O’Neill

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Episode 5 – Why We Should Be Inspired. This episode of the Socially Inspired Investor looks at Why We Should Be Inspired with guest speaker Georg Kell, Founder and former Executive Director of the United Nations Global Compact and Chairman of the Board at Arabesque Partners 

"Ich liebe Krisen"

Börsen-Zeitung, 18 September 2020, Interview by Sebastian Schmid

Sprecher des VW-Nachhaltigkeitsbeirats erwartet, dass die Probleme der Autoindustrie ihren Wandel treiben

„Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Krisen die beste Gelegenheit sind, Wandel im Unternehmen schnell voranzutreiben.“ Georg Kell

„Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Krisen die beste Gelegenheit sind, Wandel im Unternehmen schnell voranzutreiben.“ Georg Kell

Georg Kell ist gerade für zwei weitere Jahre an die Spitze des Nachhaltig- keitsbeirats von Volkswagen bestellt worden. Der Mitgründer mehrerer Nachhaltigkeitsinitiativen der Ver- einten Nationen, darunter des UN Global Compact, trifft eigentlich ger- ne Menschen. In der Coronakrise ist das natürlich seltener der Fall. Den- noch kann er der Situation durchaus etwas abgewinnen. „Ich liebe Kri- sen“, erklärt Kell. „Meine Erfahrung aus 20 Jahren Arbeit mit verschiede- nen Führungskräften hat mir gezeigt, dass Krisen die beste Gelegenheit sind, Wandel im Unternehmen schnell voranzutreiben.“ Das sei auch ein Grund gewesen, warum er sich schnell bereit erklärt habe, in den Nachhaltigkeitsbeirat bei Volkswa- gen zu gehen.

Der Anfang sei dabei nicht einfach gewesen. Der Diesel-Skandal sei damals auf seinem Höhepunkt gewe- sen. Der Nachhaltigkeitsbeirat habe sich dann zweimal im Jahr mit dem Vorstandsvorsitzenden – zunächst Matthias Müller, später dann Herbert Diess – sowie dem Vorstand zu einem intensiven Austausch getroffen. Dabei habe der Beirat von Anfang an drei klare Forderungen gestellt. Die erste sei eine Beschleunigung der Entwicklung hin zu E-Mobilität gewesen. Ein zweiter Punkt war die Forderung nach einer proaktiven Hinwendung zu Regulierungszielen statt eines Bekämpfens oder versuch- ten Umgehens von Regulierungsvor- gaben. Drittens sollte es einen Kul- turwandel im Unternehmen geben.

Mehr Tempo dank Diess

Der ehemalige CEO Müller habe zwar begonnen, die Themen anzuge- hen. Es habe damals aber auf vie- len Ebenen noch unheimlich viele Widerstände gegeben. „Dann kam Herbert Diess und damit viel frischer Wind.“ Die Elektrifizierung habe unter dem neuen Chef noch einmal deutlich Geschwindigkeit aufgenom- men. Zudem sei die Dekarbonisie- rung jetzt auch in der Führungsebene als zentrales strategisches Element verankert. Das zeige sich an zahlrei- chen Stellen – von den Lieferketten

bis zu der Umstellung der unterneh- menseigenen Kraftwerke in Wolfs- burg von Kohle- auf Gasverstro- mung.

Der Wandel von innen heraus sei immer der Schwierigste. Unterneh- men seien unter normalen Bedingun- gen kaum bereit, ihre Grundausrich- tung zu ändern. „Jede Krise ist eine wundervolle Chance, die man nicht vergeuden sollte“, ist Kell daher überzeugt. Er habe drei Grundsätze für den Umgang mit Krisen: „Schaue dir das Kernproblem genau an, auch wenn es schmerzhaft ist. Ziehe deine Lehren daraus und nutze diese, um das Unternehmen stärker zu machen.“ Ein wesentlicher Faktor sei dabei allerdings auch die Zeit. Und da habe Volkswagen am Anfang sicher einiges liegen lassen. „Das ist aber auch Teil des Lernprozesses.“

Eine der größten Herausforde- rungen für Volkswagen sei, wie ein Industriekonzern aus sich heraus den Unternehmergeist einer Softwarefir- ma entwickeln könne. Problematisch sei für deutsche Industrieunterneh- men schon allein, mit den Gehältern, die Firmen wie Apple, Google oder Microsoft zahlen, mitzuhalten. In Deutschland seien die Möglichkeiten aufgrund der Tarifverträge oft etwas begrenzter. Die Gründung der eige- nen Car.Software.Org soll da mehr Flexibilität bieten und helfen, den „Rückstand auf Tesla“ aufzuholen, der zuletzt immer wieder offenbar wurde. In den vergangenen zwölf Monaten hatten zahlreiche Soft- wareprobleme bei den beiden wichti-

„Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Krisen die beste Gelegenheit sind, Wandel im Unternehmen schnell voranzutreiben.“

Georg Kell

gen Modellen ID3 und Golf 8 den Volkswagen-Konzern zurückgewor- fen. Christian Senger, als Chef der ausgegliederten Software-Tochter nach Wolfsburg geholt, verlor seinen Posten an den ehemaligen BMW-Ma- nager Dirk Hilgenberg. Damit wächst der Einfluss der Ex-BMWler in Wolfs- burg. Auch der neue Audi-Chef Mar- kus Duesmann und Konzernchef Diess wechselten von dem Münche- ner Autobauer zu Volkswagen.

Dass die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundene Wirt- schaftskrise dazu führen könnten, dass Nachhaltigkeitsthemen wieder an Bedeutung verlieren, glaubt Kell nicht. Er ist sogar vom Gegenteil überzeugt. „Viele Investoren verste- hen durch die Krise viel besser, dass man auch Zukunftsrisiken, die heute noch nicht voll eingepreist sind, berücksichtigen sollte.“ Wer nicht vorbereitet sei, drohe im Ernstfall unterzugehen. Das Interesse an wis- senschaftsbasierten Nachhaltigkeits- zielen habe seit Ausbruch der Pande- mie weiter zugenommen.

Bei Investoren angekommen

Das liege auch daran, dass die Investorengemeinde dem Thema deutlich mehr Aufmerksamkeit wid- me. Volkswagen habe schon Monate vor der Ausgabe des ersten Green Bond (siehe Artikel auf dieser Seite) ein Rahmenwerk für grüne Finanzie- rungen entwickelt. „Wegen Corona und Marktvolatilität hat sich der ers- te Climate Bond etwas verzögert“,

erklärt Kell. Angesichts der hoch attraktiven Konditionen, die Volks- wagen wie kurz zuvor auch Daimler erzielt hat, und des hohen Investi- tionsbedarfs in nachhaltige Techno- logie ist zu erwarten, dass in den kommenden Monaten und Jahren eine ganze Reihe grüner Finanzie- rungen für die Unternehmen der Automobilbranche anstehen. Auch Kell glaubt dies mit Blick auf VW. Noch vor wenigen Jahren wäre ein vergleichbares Produkt kaum hono- riert worden, ist er sicher. „Die Finanzwelt hat die Materialität der nichttraditionellen Faktoren erst ab ca. 2014 erkannt“, erinnert sich Kell. Das habe dazu geführt, dass das The- ma auch in den Unternehmen als strategische Führungsaufgabe ange- sehen und vollständig integriert wur- de – „im Finanzwesen, im Personal- management, im Produktdesign usw.“. Zuvor sei es über Jahre in vielen Unternehmen primär als PR- Thema betrachtet worden.

„Dank Digitalisierung und künstli- cher Intelligenz ist es immer leichter, billiger und robuster nichttraditio- nelle Faktoren in Investitionsprozes- sen und -entscheidungen mit einflie- ßen zu lassen“, erklärt Kell den Sin- neswandel auch mit den technischen Möglichkeiten. Das Erfassen zahlrei- cher ESG-Daten (Environment, Soci- al, Governance) in Echtzeit habe dies erst möglich gemacht. Mit diesen Themen befasst sich Kell, wenn er gedanklich nicht gerade bei Volkswa- gen weilt. „Etwa 50% meiner Arbeits- zeit befasse ich mich mit VW, den Rest widme ich Arabesque.“ Der deutsch-englische Vermögensver- walter, bei dem Kell Chairman ist, zählt drei Geschäftssparten, die alle- samt auf ESG-Themen abstellen. So ermittelt die Tochter Arabesque S-Ray mit Sitz in Frankfurt mit Hilfe von Big-Data-Analysen und künstli- cher Intelligenz, wie es um die Nach- haltigkeit von Unternehmen bestellt ist. Zuletzt hatten sich Helaba Digital und Allianz X an dem Start-up betei- ligt. Im Assetmanagement, das noch im Aufbau sei, wird laut Kell ein mitt- lerer dreistelliger Millionenbetrag gemanagt. Arabesque AI, der dritte Geschäftszweig, unterstützt Invest- mententscheidungen mit künstlicher Intelligenz und berücksichtigt dabei ESG-Kriterien.

Lessons from the Pandemic: Ignoring Science Carries Steep Costs

The Sustainable Finance Podcast, Episode 80: Interview with Georg Kell, April 27, 2020

Kell, who is also a regular contributor to Forbes and the founding executive director of the UN Global Compact, talks about his recent article on the four lessons we should learn from the pandemic. Our conversation focused on Lesson #2: Prevention is better than cure. Kell discusses the danger of ignoring scientific evidence on climate change as well as infectious diseases, and explains that corporate sustainability and sustainable investment affirm that values and purpose are the enduring features of resilient organizations.